Kein Durchkommen, kein Offensivflow – die MHP RIESEN Ludwigsburg müssen gegen Heidelberg eine empfindliche Pleite verkraften. Foto: Sascha Walther / Eibner.
Das Jahr 2024 endet für die MHP RIESEN Ludwigsburg mit einer ernüchternden 63:67-Niederlage gegen Heidelberg. In der ausverkauften MHPArena sind die Schwaben in der Verteidigung zwar omnipräsent, agieren im Angriff aber zu kopf- und konzentrationslos. Viele Einzelaktionen sorgen vor 4.000 Zuschauern für eine intensive Crunchtime. Eine mangelhafte Trefferquote (10,3 3P%) und ein Mehr an kurpfälzischer Cleverness sorgen am Ende aber für die verdiente Niederlage.
Im letzten Heimspiel des Kalenderjahres standen die Brüder Patrick im Mittelpunkt. Während Johannes seinen 23. Geburtstag feierte und von der Bank kommenden (15:04 Minute / 5 Punkte / +6) einen sehr guten Job machte, feierte Jacob sein Kader-Comeback. Nachdem Ludwigsburgs Guard mit der #2 auf Brust und Rücken bereits gegen Fribourg (11.12.) und Chemnitz (15.12.) im Aufgebot gestanden hatte, kehrte er zum Monatsende auch auf das Parkett zurück. 13:31 Minuten konnte er nach knapp nach neunwöchiger Abstinenz (letzter Einsatz 23.10. vs. Dijon) seiner Mannschaft helfen. Gewohntermaßen startete das Duo aber am Seitenrand, erlebte von dort einen schwungvollen Start. Beide Teams verteilten Korberfolge und Fehlwürfe gleichermaßen, sodass sich eine spannende und launige Partie entwickelte (9:8; 7. Spielminute). Diese flachte im weiteren Viertelverlauf allerdings ab und wurde zunehmend Stückwerk, was beidseitig einer besseren Verteidigung, ebenso beidseitig aber auch einer gewissen Portion Fahrlässigkeit geschuldet war. Exemplarisch dafür war die Schlusssequenz des ersten Viertels. Zunächst schloss Yorman Polas Bartolo aus der Distanz trotz herunterlaufender Uhr unnötig frühzeitig ab, dann vergaß Ryan Mikesell auf der Gegenseite ebenjene tickende Anzeige – und spielte einen Buzzerbeater-Pass, statt selbst den Abschluss zu suchen (14:12, 10.).
Bis dahin war Ezra Mañjon gemeinsam mit Joel Scott der Taktgeber im RIESEN-Spiel gewesen, doch keiner der beiden US-Amerikaner und auch kein anderer Gelb-Schwarzer konnte die Offensive am Leben halten oder wiederbeleben. Die Hausherren suchten ihr Heil vergeblich hinter der Dreierlinie, trafen in Halbzeit eins gar keinen Wurf (0/16) von jenseits der 6,75-Meter-Markierung. Lediglich durch einen immensen Kraftakt und diverse Einzelaktionen, allen voran durch Justin Simon, der sein Herz zwar nicht siegbringend, aber allumfassend in die Hand nahm, kamen die Ludwigsburger zu Punkten. Sie mühten sich immer wieder und irgendwie zum Korb, wirklich effizient waren diese Versuche aber nicht (27:24). Viel eher glich das Offensivspiel einem fortwährenden Durchwurschteln. Besser machten es da die Gäste, die ihre Ballgewinne, Offensivrebounds und Cleverness einsetzten, um durch einen kleinen Lauf das Blatt zu wenden (27:33, 20.).
Auf den 0:9- vor, folgte für die Hausherren ein 0:7-Lauf nach der Halbzeit, der sehr zur Frustration von John Patrick in einer Auszeit (27:40, 22.), insgesamt aber einer deutlich tiefgreifenderen und umfassenderen Ernüchterung gipfelte. Simon und Kellan Grady beendeten zwar den Lauf und Jacob Patrick sorgte im 20 (!) Versuch für den ersten Dreipunktreffer der Barockstädter, doch obwohl sie die spielerische Blutung gestoppt hatten, reichte es zur Auferstehung nicht. Zu oft verhinderten Fehler, Kopf-durch-die-Wand-Aktionen und eine zu nachlässige und späte Entscheidungsfindung den Erfolg, zu leicht kam Heidelberg – exemplarisch durch Michael Weathers – zu seinen Zählern (43:52, 30.).
Erst im vierten Spielabschnitt erlangten die Hausherren wieder Spielkontrolle, was ein Zusammenspiel von Yorman Polas Bartolo (Steal), Simon (Assists) und Jonas Wohlfarth-Bottermann (Alley-Oop) perfekt illustrierte. Ein disqualifizierendes Foul von D.J. Horne am Center, der den 34-Jährigen mit einem zwar unglücklichen aber nicht zurückhaltenden Unterarm- bis Ellenbogentreffer niederstreckte, brachte zudem die etwas vermisste Derbywürze zurück – und sorgte für eine spannende Crunchtime, in der sich das bisher Gesehene fortsetzen sollte. Die RIESEN-Verteidigung nahm der Heidelberger-Angriffsformation viele Optionen, war aufgrund der schwachen Offensive aber mehrfach zahnlos. Während die Gelb-Schwarzen Weathers über die vollen 40 Minuten viele Freiheiten sowie ihm und Bakary Dibba in der Schlussphase zwei entscheidende Backdoor-Cuts gestatteten, konnten sie an diesem Abend ihr Glück nicht erzwingen. Punkte von Patrick und Simon nährten die (Sieges-)Hoffnung, die jedoch unerfüllt blieb – und in einer ernüchternden Niederlage mündete.
Diese sorgt dafür, dass die Ludwigsburger das (nationale) Jahr mit einer 8:6-Bilanz beenden. Aktuell bringt diese die Schwaben auf Rang sechs des easyCredit BBL-Tableaus, könnte aufgrund der Vielzahl an Nachholspielen anderer Klubs aber auch mit dem Rangieren auf einem Play-In-, statt Playoff-Platz-Einhergehen. Beides ist Zukunftsmusik – für das Jahr 2025 und den kommenden Sonntag. Dann gastieren die MHP RIESEN in Oldenburg (05.01.; 18:00 Uhr).
Für Ludwigsburg spielten: Justin Simon 15 Punkte / 8 Rebounds, Joel Scott 10 / 5, Jacob Patrick 8, Yorman Polas Bartolo 8 / 5, Ezra Mañjon 6, Johannes Patrick 5, Hunter Maldonado 4, Kellan Grady 4, Jonas Wohlfarth-Bottermann 2 und Deane Williams.
Für Heidelberg spielten: Michael Weathers 21 Punkte, Alex Barcello 9, Ryan Mikesell 9 / 6 Rebounds, Bakary Dibba 8, Mateo Seric 7, D.J. Horne 6, Osun Osunniyi 3 / 8, Erol Ersek 3, Marcel Keßen 1 und Paul Zipser.
Daniel Jansson | Headcoach MLP Academics Heidelberg | "Wenn wir hierherkommen, wissen wir immer, dass es höchstwahrscheinlich das intensivste und physischste Spiel der Saison sein wird. Wir haben versucht, uns die ganze Woche darauf vorzubereiten, aber wenn es dann tatsächlich stattfindet, ist es immer noch sehr überwältigend. Es passieren Fehler, die Umsetzung in der Offensive war schwierig. Das Beste, was wir tun konnten, war einfach zu versuchen, die Intensität zu matchen und defensiv zurückzuschlagen, was uns meiner Meinung nach größtenteils gut gelungen ist. Irgendwann im Spiel schaut man auf die Anzeigetafel und hat das Gefühl, dass es ein Handballspiel ist, wenn man auf den Punktestand schaut. Aber es war ein wirklich guter Sieg für uns, wir haben uns bei den Rebounds gut behauptet und dann am Ende ein oder zwei Spielzüge gemacht, das hat heute gereicht. Es ist ein wirklich guter Sieg für uns." |
John Patrick | Headcoach MHP RIESEN Ludwigsburg | "Sie [die Heidelberger] haben mit viel mehr Intensität als wir angefangen. Ich war sehr enttäuscht. Natürlich hatten sie sieben, acht Tage Vorbereitungszeit, das war sicherlich kein Vorteil für uns. Es ist schade, dass wir mit so wenig Intensität und so wenig Konzentration im 1-gegen-1 agiert haben. Wir haben nicht gut geworfen [31,3 FG%], auch wenn Jacob [Patrick] heute zurückgekommen ist und zwei Dreier getroffen hat. Wir waren in der ersten Halbzeit 0/16 [insgesamt 3/29]. Das hat gezeigt, dass das Teamplay dahingehend nicht funktioniert hat. Ezra Mañjon war erkältet und hat es versucht, aber er konnte nicht das, was er normalerweise tut, also mit einer hohen Pace, agieren und spielen. Wir waren in der Offensive sehr langsam. Johannes [Patrick] hat von der Bank kommend einen sehr guten Job gemacht, WoBo [Jonas Wohlfarth-Bottermann] hat auch viel Intensität in der Verteidigung gebracht. Aber wenn man das Rebound-Duell so deutlich verliert, so viele offene Würfe nicht trifft und [Michael] Weathers einen Freifahrtschein gibt – wir haben fast keine Verteidigung gegen ihn gespielt und er ist wirklich ein guter Spieler, aber dass er 21 Punkte und acht einfache Korbleger [plus Dunks] machen kann, ist auch unsere Schuld! Schade, denn wir hatten bis jetzt einen wirklich guten Dezember. Aber das sind wir, wir sind jung, wir sind inkonstant und in diesem Fall, in dieser tollen Atmosphäre und der großartigen Stimmung beider Fan-Lager – es tut mir leid für unsere Fans – hat Heidelberg es heute verdient, zu gewinnen." |