Zurecht stolz auf die Leistung aller Beteiligten: Assistant Coach Lars Masell bejubelt den dritten RIESEN-Sieg im dritten FEC-Spiel. Foto: Sascha Walther / Eibner.
Die MHP RIESEN Ludwigsburg springen am 3. Spieltag des FIBA Europe Cups durch einen 80:77-Sieg erstmals an die Tabellenspitze von Gruppe H. Gegen JDA Bourgogne Dijon sind die Gelb-Schwarzen lange Zeit das bessere Team, lassen die Partie aber durch einen 0:17-Lauf im zweiten Viertel zu ihren Ungunsten kippen. Doch die Gelb-Schwarzen bleiben hochkonzentriert und durch ihre Defensive im Spiel. Offensiv sorgen fünf zweistellige Scorer für die Wende und den Big-Point-Erfolg im Hinblick aufs Weiterkommen.
Ohne den weiterhin erkrankt fehlenden Johannes Patrick, dafür aber direkt mit Neuzugang Jarred Ogungbemi-Jackson im Aufgebot starteten die Hausherren in den Evergreen der vergangenen BCL-Jahre zwar im wesentlichen Sinne zwar personell unverändert, im konkreten Fall aber sehr fahrig. Trefferquote, Rebound- und Defensivverhalten waren in den ersten Sequenzen derart schwach, dass Headcoach John Patrick sich bereits nach 145 Sekunden zur Seitenlinien-Ansprache genötigt sah. Die Worte des 56-Jährigen wirkten vollumfänglich: Ludwigsburg besann sich seiner Stärken und seines Gameplans, verteidigte exzellent und überrumpelte Dijon in zahlreichen Momenten. Auf den 9:9-Zwischenstand folgte ein 6:0-Lauf den Yorman Polas Bartolo per Dunk, ein spielerisches Element was der Kapitän höchst selten anwendet, dem Anlass entsprechend als emotionales Highlight aber in die Waagschale warf, veredelte. Die MHP RIESEN beendeten das Viertel in Führung liegend, die Kellan Grady mit zwei Korberfolgen samt Steal perfektionierte (24:16, 10. Spielminute).
Gästecoach Laurent Legname platzte aufgrund der letzten Augenblicke in der Viertelpause derart der Kragen, dass er seine Schützlinge einer wütenden und zweiminütigen Tirade unterzog und ihnen einige Grundkompetenzen des Sports absprach. Seine Mannschaft sollte das Gesagte bis Geschriehene vollumfänglich annehmen: Die Franzosen spielten fortan ihren besten Basketball, drehten auf, dominierten die Rebounds, den Fastbreak und die Zone. Kurzum: Angeführt von Ilias Kamardine und Christian Sengfelder, der ein gesundes Maß an Physis einbrachte, drehte Dijon mit einem eigenen 17:0-Lauf das Spiel. Ludwigsburg agierte fahrig, ließ sich von ruppigen Aktionen, Foulspielen und Unterbrechungen, die allesamt im identischen Umfang von beiden Kontrahenten herbeigeführt wurden, aus dem Konzept bringen (27:31, 15.). Doch Jacob Patrick, der angeschlagen ins Spiel ging und deshalb etwas kürzertreten musste, unterbrachen und beendeten aus der 6,75-Meter-Distanz den gelb-schwarzen Negativauf. Ludwigsburg berappelte sich wieder und rettete sich richtiggehend in die Halbzeitpause, die Kyler Edwards mit einem Statement- und Buzzerbeater-Dunk bitter werden ließ (38:43, 20.).
Die Schwaben waren vor 2.047 Zuschauern entsprechend vor und nach dem Gang in die Kabinen vor der französischen Offensive gewarnt. Wirklich klicken wollten die Zahnräder im Legname-System aber nicht, was dieser sehr emotionalisiert zur Kenntnis nahm. Doch trotz starker Teamdefensive, in der sich Kellan Grady hervortat, entwickelten die Ludwigsburger erst nach und nach eine Wucht, die von Dijon nicht zu bremsen war. In vielen Kopf-durch-die-Wand-Aktionen erzwangen sie ihre Korberfolge regelrecht, nutzten die Qualitäten im 1-gegen-1 aus, suchten und fanden sich gegenseitig. Neben Ezra Mañjon, Grady und Polas Bartolo sollten auch Joel Scott und Justin Simon dahingehend vorweg gehen, entschieden war die Partie aber keinesfalls (60:59, 30.).
Viel eher steuerte das Spitzenspiel auf des Messers Schneide der Crunchtime entgegen, die Ludwigsburg prägen sollte. Auf Punkte von Grady und Hunter Maldonado ließ Mañjon einen etwas wilden und zeitlichen knappen Notwurf aus knapp acht Metern folgen, der mit Ablauf der Uhr den Weg durch das Netz fand (69:63). Obwohl die Führung auch hierdurch groß sein sollte, genügte dieser Vorsprung. Mit dem Vertrauen in die eigenen Stärken fanden die Schwaben immer wieder Lösungen im Angriff, punkteten regelmäßig und bogen auf die Siegerstraße ein. Dieser Vorsprung wackelte nur noch einmal, dafür nach einem Simon-Turnover 21 Sekunden vor Schluss aber gewaltig. Doch auch hier blieben die Hausherren cool (genug) und gewannen verdient 80:77.
Neben dem Heimsieg und der damit einhergehenden 3:0-Bilanz untermauern die MHP RIESEN im FIBA Europe Cup nicht nur ihre Ambitionen, sondern übernehmen auch die Tabellenführung in Gruppe H – die sie nun in den kommenden drei Wochen verteidigen möchten. Bevor es dahingehend mit einem Auswärtsspiel in East Kilbride und gegen die Caledonia Gladators (30.10.; 20:30 Uhr) weiter geht, geht’s auch in der easyCredit BBL ans Eingemachte. Am Montag (28.10.; 20:00 Uhr) gastieren die Patrick-Schützlinge in Bonn.
Für Ludwigsburg spielten: Joel Scott 15 Punkte, Kellan Grady 13, Ezra Mañjon 12, Yorman Polas Bartolo 10 / 7 Rebounds, Justin Simon 10 / 6, Jarred Ogungbemi-Jackson 7, Hunter Maldonado 6 / 6, Jacob Patrick 6, Jonas Wohlfarth-Bottermann 1, Brandon Tischler, Julis Baumer und Dominykas Pleta.
Für Dijon spielten: Markis McDuffie 15 Punkte / 6 Rebounds, Christian Sengfelder 14 / 6, Joshua Obiesie 12, Ilias Kamardine 9, Kyler Edwards 8, Axel Julien 7 / 5 Assists, Gavin Ware 6 / 5 Rebounds, Allan Dokossi 4, David Holston 2 und Robin Ducote.
Laurent Legname | Headcoach JDA Bourgogne Dijon | "Es war für uns heute ein sehr schwieriges Spiel. Wir kennen Ludwigsburg, egal ob BCL oder FIBA Europe Cup: Sie spielen seit Jahren den gleichen Stil, sogar im Vorjahr und mit einem anderen Coach [Joshi King] war das die gleiche Philosophie: Viele Ballbesitze, Full-Court-Defensive, viele Wurfversuche. Wir sind gut gestartet, haben dann aber das Spielen vergessen und das erste Viertel mit acht Ballverlusten beendet. Nach zwei, drei Minuten war ihr Selbstbewusstsein da und sie haben viele Punkte aus Turnovern erzielt. Wir hatten zwar Lösungen dagegen, gerade im Pick-and-Roll, aber wenn Du so viele offene Würfe im ganzen Spiel, gerade in der zweiten Hälfte und trotz guter Werfer nicht triffst […]. Wir haben 77 Punkte gemacht, obwohl wir heute Abend nur zwei [von zehn] Dreier getroffen und nur 44% insgesamt aus dem Feld getroffen haben. Das ist nicht schlecht, aber in der zweiten Halbzeit haben wir zu viele 1-gegen-1-Verteidigungen gehabt, da kamen sie immer zu Körben und haben das gut genutzt. Das Ergebnis daraus ist heute die Niederlage." |
John Patrick | Headcoach MHP RIESEN Ludwigsburg | "Es war in der Tat ein schwieriges Spiel mit einem fortwährenden Hoch und Runter. Wir hatten am Anfang eine schwache Phase. Oder nein, ich sollte sagen: Dijon hatte am Anfang eine gute Phase. Danach haben wir viele Ballverluste forciert, Dijon hat aber an den Brettern dominiert, viele Punkte im zweiten Versuch gemacht [18 Punkte]. In der zweiten Halbzeit haben wir bei den Rebounds einen besseren Job gemacht. Ich bin glücklich, dass wir gewonnen haben. Wie Coach [Laurent Legname] gesagt hat, haben sie einige offene Würfe nicht getroffen. Wir müssen am Ende des Spiels smarter sein, wenn Du 21 Sekunden vor dem Ende eine 5-Punkte-Führung hast, müssen wir das Spiel besser beenden – und nicht den Ball verlieren. Aber: Ich bin glücklich, dass wir gegen ein sehr gutes Team gewonnen haben." |