Erneut einen Weg gefunden, um irgendwie alle Reserven zu mobilisieren und das Spiel zu gewinnen: Justin Simon und Co. gewinnen in Bamberg. Foto: Guener Santemiz / Eibner.
Müde Beine, geschundene Körper, keinerlei Rotations- und Regenerationszeit: Die MHP RIESEN Ludwigsburg trotzen beim Auswärtsspiel in Bamberg allen Widerständen. Der 75:73-Erfolg bei den Franken ist hochverdient, obwohl er in der Crunchtime zweifach ins Wackeln gerät und bringt in der Konsequenz einen „überlebenswichtigen“ Sieg im Hinblick auf die etwaige Play-In-Qualifikation mit sich.
Anfänglich standen nicht der 32. Spieltag, sondern die Leistungen der vergangenen Jahrzehnte in der brose ARENA auf der Agenda: Der neue Rekordspieler der easyCredit BBL, Karsten Tadda, wurde im Vorfeld für sein 638. Spiel in der Beletage des deutschen Basketballs geehrt, die Freude verging dem 36-Jährigen aber sehr schnell. Ludwigsburg startete beflügelt, fokussiert und konsequent (4:12), Bamberg fand aber auch alsbald Zugang zur Partie (12:15). Ab dem Sprungball waren die Barockstädter beim Offensivrebound (9 in den ersten zehn Minuten, 18 in Gänze) überlegen und erspielten sich in einer ausgeglichenen Partie zahlreiche Vorteile (14:18, 10. Spielminute).
Mit Abstand bester Mann war Joel Scott, der zum dritten Mal in Folge sowohl auf der Vier als auch der Fünf spielte; besser gesagt dominierte. Der US-Amerikaner traf und verwandelte aus allen Lagen, hatte bereits nach zwei Vierteln 18 Punkte und 6 Rebounds auf der Habenseite und führte seine Farben zur Halbzeitführung. Bis dahin blieb Bamberg viele Dinge schuldig, die allen voran aus der sehr guten RIESEN-Verteidigung, dem hohen Tempo und der ebenso hohen Physis resultierten. Die MHP RIESEN trafen zwar auch zunehmend seltener, wussten aber insgesamt durch ihre Herangehensweise zu überzeugen und den Vorsprung zu verteidigen (31:35, 20.).
Das Geschehen nach der Pause sollte dem der ersten zwanzig Minuten auch nach dem Gang in die Kabinen sehr ähneln: Ludwigsburg kam erneut mit mehr Power und mehr Energie zurück und immer wieder zu Fastbreak-Punkten. Angeführt durch die nimmermüden Mañjon und Scott, die nicht mehr so konsequent agierten, aber weiterhin die RIESEN-Aktivposten blieben, erspielten sich die MHP RIESEN eine Zehn-Punkte-Führung (39:49). Masell versuchte zwar immer wieder Verschnaufpausen einzustreuen, doch der Energieverlust war zunehmend sichtbar(er). Während die Schwaben-Energie abnahm, kamen die Hausherren zurück und verlangten den Ludwigsburgern alles ab. Immer wieder schien die Partie kippen zu können, immer wieder wussten Hunter Maldonado, Julis Baumer oder auch Justin Simon zu Punkten – gerne auch via Offensivrebound (53.58, 30.).
Während die Gäste aufopferungsvoll alles in die Waagschale warfen, was ihnen möglich war und unter anderem Jonas Wohlfarth-Bottermann und Simon im vierten Viertel verletzt spielten, passierte parallel das, was unvermeidlich schien: Die Gelb-Schwarzen mussten der kurzen Rotation und der Belastung der vergangenen Tage und Stunden Tribut zollen – erst recht, als die fränkischen Fans „wir wollen Euch kämpfen sehen“ skandierten, ihre Mannschaft damit herausforderten sich im Anschluss auch freuen konnten. Noah Locke und Brandon Horvath, die beiden mit Abstand korbgefährlichsten Baskets-Akteure, sorgten für den Führungswechsel und Standing Ovations (69:68). Dennoch gaben sich die Ludwigsburger keinesfalls auf. Sie verloren ihren Fokus nicht, sammelten sich kurz und machten dann die notwendigen Big Plays. Zunächst zum erneuten Führungswechsel, dann zur Konsolidierung und dann zum Sieg. Dahingehend tat sich vor allem Julis Baumer hervor, der mit einem Block (gegen Ronaldo Segu) und einem Dreier (gegen Locke) entscheidenden Anteil am Sieg hatte. Gleichzeitig waren alle Ludwigsburger Akteure notwendig, um die Partie gewinnen zu können – über die vollen 40 Minuten und auch der Schlussphase. Dort ließen Scott und Mañjon zwar vier potentiell entscheidungsbringende Freiwürfe liegen, konnten sich am Ende aber doch freuen. Im letzten Angriff der Bamberger verteidigten sie körperlich, aber nicht außerhalb des Erlaubten und belohnten sich mit spätestens seit Donnerstag hochverdienten 15. Saisonsieg.
Hierdurch haben sie sich mit Blick auf die Tabelle und die Ergebnisse der anderen Partien eine weitere Chance erspielt, die sie beim abschließenden Hauptrunden-Heimspiel gegen Pokalsieger Weißenfels (07.05.; 20:00 Uhr) veredeln möchten. Beim After-Work-Spieltag werden auch diese 40 Minuten wieder eine Frage der Kraft, zunächst steht aber erst einmal die Rückkehr (nach Ludwigsburg), die Regeneration (aller verfügbaren Ressourcen) und die Rekonvaleszenz (aller möglichen Blessuren) auf der Agenda. Bis Mittwoch bleibt – im Vergleich der vergangenen Tage – verhältnismäßig viel Zeit.
Für Bamberg spielten: Kyle Lofton 15 Punkte / 5 Rebounds, Noah Locke 13 / 6, Brandon Horvath 12 / 8, Ronaldo Segu 10 / 6 / 8 Assists, Moritz Krimmer 7, Filip Stanic 3 / 13, Kevin Wohlrath 3, Karsten Tadda 3, Gabriel Kuku 3, Adrian Petkovic 2 und Craig Moller.
Für Ludwigsburg spielten: Joel Scott 21 Punkte / 10 Rebounds, Hunter Maldonado 14 / 8, Justin Simon 10 / 11 Assists, Julis Baumer 9, Brandon Tischler 7 / 9 Rebounds, Ezra Mañjon 7 / 6 / 5 Assists, Jonas Wohlfarth-Bottermann 5, Lenny Anigbata und Dominykas Pleta.
Headcoach Lars Masell | MHP RIESEN Ludwigsburg | "Erst einmal Gratulation an Karsten Tadda zu dieser unglaublichen Karriere mit dieser unglaublichen Anzahl an Spielen. Glückwunsch an unsere Spieler. Wir wussten, dass wir für dieses Spiel nur eine ganz kurze Vorbereitungszeit haben und es hier nur mit unserer Identität, die wir jetzt seit fast zehn Monaten verinnerlichen, hinbekommen müssen. Genau das ist uns mit viel Herz heute gelungen. Wir hatten 15 Würfe mehr, hätten sicherlich unsere Freiwürfe [11/26] besser treffen können, aber unsere Intensität hat uns den Sieg gebracht." |
Headcoach Anton Gavel | Bamberg Baskets | "Glückwunsch an Lars [Masell] und seine Mannschaft zum Sieg. Wir haben uns 16 teilweise dumme Ballverluste erlaubt und Ludwigsburg 14 Würfe mehr nach Offensivrebounds gestattet. Gerade in der ersten Halbzeit haben uns die zweiten Chancen der Ludwigsburger sehr weh getan, ebenso wie die, ich glaube sechs Offensivrebounds in den letzten vier Minuten, die uns das Genick gebrochen haben. In der Offensive haben wir nur teilweise gute Würfe beziehungsweise die richtigen Entscheidungen gefunden und sind wieder öfter in Eins-gegen-eins-Situationen verfallen." |