Erst BIG und Basketball, jetzt DFL und Fußball. Unterschiedlicher können die beiden Sportarten kaum sein und doch machen beide Sportarten die Menschen aus, die dahinter stecken. Durch ein Lächeln sind wir auf Marcel aufmerksam geworden und mit einem Lächeln durften wir ihn am Samstag bei unserem Heimspiel gegen die EWE Baskets Oldenburg begrüßen und kennenlernen. Warum sein Lächeln etwas schiefer ist als unseres und wieso das absolut kein Ding ist, hat uns Marcel in unserem Interview mit ihm erzählt. Vielen Dank Marcel für deine sympathische, offene Art und deine Unterstützung für #ungehindertRIESIG.
RIESEN: Marcel, mittlerweile arbeitest du für die Deutsche Fußball Liga (DFL), warst früher Chefredakteur des Magazins „BIG – Basketball in Deutschland“. Dort hast du bei deinem Abschied gesagt, dass du „dem deutschen Basketball eng verbunden“ bleiben möchtest. Wie gut konntest du dein Vorhaben umsetzen?
Marcel: Dass das Vorhaben ganz ordentlich gelingt, zeigt ja unser Interview hier. (lacht) Ich freue mich, dass viele Kontakte Bestand haben, so wie beispielsweise zu Markus Buchmann, dem 2. Vorsitzenden der MHP RIESEN, der mich auf eure tolle Inklusions-Aktion aufmerksam gemacht hat. Als ich zuletzt bei euch zu Besuch war, gab es auch ein schönes Wiedersehen mit Johannes Patrick, mit dem ich hin und wieder schreibe. Und auf der Tribüne saß ich neben Florian von Stackelberg, meinem ehemaligen BIG-Kollegen, der ja aus Ludwigsburg stammt, um ein wenig zu fachsimpeln.
RIESEN: Du lebst mit dem seltenen Möbius-Syndrom und wir sind ehrlich, nicht alle von uns wussten sofort, worum es sich dabei handelt. Kannst du also kurz erklären, was genau das Möbius-Syndrom ist und wie es dich betrifft?
Marcel: Die größte Auffälligkeit ist, dass mir auf der linken Gesichtshälfte Nerven fehlen. Das hat zur Folge, dass das Gesicht nicht ganz das tut, was man eigentlich will: Wenn ich lache, sieht man das nur in der rechten Gesichtshälfte, während sich links kaum etwas tut. Wenn ich Menschen zum ersten Mal treffe, kann das schon mal verwirren. Deshalb versuche ich, sehr offen mit dem Syndrom umzugehen und zu erläutern, um was es sich dabei handelt.
Eine besondere Gelegenheit bot sich zuletzt bei einem ganz neuen Podcast, bei dem ich Anfang des Jahres zu Gast sein durfte, der sich rund um das Syndrom dreht. Als ich daraufhin Social-Media-Postings abgesetzt habe, um darauf aufmerksam zu machen, erreichte mein LinkedIn-Post fast 500.000 Menschen – eine tolle Reichweite, die mich echt berührt hat, um für Inklusion zu werben.
RIESEN: Das Möbius-Syndrom tritt bereits bei der Geburt auf, begleitet dich also schon dein ganzes Leben. Hattest du oder hast du deswegen in Bezug auf Inklusion mit Vorurteilen oder Problemen zu kämpfen, egal in welchen Bereichen, und welche Entwicklungsschritte hat die Inklusion in deiner Lebenszeit genommen?
Marcel: In der 5. oder 6. Klasse kann ich mich an ein paar schwierige Situationen mit älteren Schülern erinnern. Die kamen zu mir und sagten „Lach mal, lach mal“ – sie wollten sehen, wie sich mein Gesicht verzieht. Doch zum Glück hatte ich großartige Klassenkameraden, die mich voll supportet haben. Mir kam zugute, dass ich schon damals offen damit umgegangen bin, dass ich ein bisschen anders bin. Mit Mitte, Ende 20 habe ich mich dann immer intensiver damit beschäftigt, wer ich überhaupt bin, und was das genau ist, dieses Syndrom. Zum Glück werden die Ausprägungen, so ist zu lesen, nicht „schlimmer“, wenn man älter wird. Trotz oder gerade wegen des Syndroms bin ich sehr, sehr dankbar für mein Leben. Und inzwischen liebe ich es zu lachen.
RIESEN: In deiner früheren Tätigkeit als Journalist hast du viel über Sport berichtet, diverse Sportarten abgedeckt, weshalb du den Sport und all seine Facetten gut kennst. Ist Sport für dich eines der besten Mittel, um Inklusion nicht nur kennenzulernen, sondern auch zu leben?
Marcel: 100-prozentige Zustimmung! Besonders erinnere ich mich an einen Besuch im Training der Rollstuhlbasketballer in Hannover. Dort durfte ich Nationalspieler Jan Haller begleiten und hautnah miterleben, wie spektakulär dieser Sport ist, welch herausragenden Leistungen die Sportlerinnen und Sportler im Rollstuhl vollbringen. Das hat mir verdeutlicht: Ganz egal, welche Hürden du im Leben hast, jeder Mensch kann auf seine Weise Großartiges vollbringen. Umso wichtiger finde ich euer Inklusions-Projekt. Um Aufmerksamkeit zu erzeugen. Um Verständnis zu fördern. Um Vorurteile wegzuwischen.
RIESEN: Nehmen wir an, du hast die Möglichkeit in einem Spot zur Primetime im Fernsehen eine Botschaft oder völlig egal was an alle Zuschauer zu richten. Was würdest du gerne sagen?
Marcel: Dass es doch gar nicht so wild ist, wenn Menschen ein bisschen „anders“ sind … #keepsmiling #bedifferent