Die Nachwuchs Basketball Bundesliga-Mannschaft (NBBL) der Porsche-Basketball Akademie spielte in dieser Saison nicht nur im gleichnamigen Wettbewerb, sondern bestritt in nahezu gleicher Besetzung auch eine volle Spielzeit in der Regionalliga Südwest. Beide Aufgaben meisterten die Spieler von Headcoach David McCray mehr als erfolgreich – und freuten sich in der NBBL über die Playoff-Teilnahme, sowie in der „Regio“ über einen starken zweiten Platz. Dadurch hat sich das U19-Team der Porsche BBA eventuell sogar sportlich für die Pro B qualifiziert. Cheftrainer McCray, der für seine Leistungen im Nachwuchsbereich zuletzt von der NBBL als Trainer des Jahres ausgezeichnet wurde, erzählt im Interview über die Entwicklung seiner Spieler, der Doppelbelastung für die Mannschaft und die Organisation in dieser Saison.
David, wie würdest du die abgelaufene Saison in einem Wort beschreiben?
Wenn man NBBL und Regionalliga zusammen sieht, dann auf jeden Fall: Erfolgreich.
Aufgrund der Pandemie war in den letzten beiden Jahren kaum Spielbetrieb: Wie schwer war es jetzt gerade mit der Doppelbelastung wieder in diesen Rhythmus zu kommen?
Wir hatten an dieser Stelle sehr viel Glück, weil wir trotzdem weiterhin trainieren konnten. Am Wochenende haben wir dann gegeneinander gespielt, weil wir mit 30 Spielern so einen großen Kader hatten. Damit haben wir versucht, eine normale Saison zu simulieren, was natürlich nicht wirklich möglich ist. Das hat uns aber mit Sicherheit geholfen. Das Testen war zu Beginn sehr umständlich, man wusste zwischendurch nicht, ob man wirklich am Wochenende spielt oder nicht – aber als die Saison erstmal am Laufen war, war das irgendwann auch kein Problem mehr.
Über den Saisonverlauf gesehen habt ihr mit der gleichen Mannschaft extrem viele Spiele gespielt – wie hat sich die Mannschaft über den Saisonverlauf hin entwickelt?
Es ist wirklich bemerkenswert: In beiden Wettbewerben haben wir die ersten Spiele verloren, haben uns danach aber gefangen und verbessert, Dinge verändert und angepasst – und dann am Ende streckenweise wettbewerbsübergreifend sogar bis zu 18 Spiele in Folge gewonnen. Nicht nur als Mannschaft, auch jeder einzelne Spieler im Team hat sich im Laufe der Saison deutlich verbessert. Das ist auf jeden Fall sehr erfreulich.
Wie ist es als Team aber auch als Trainer, über eine gesamte Saison hinweg so eine Doppelbelastung zu haben? Wie geht man damit um?
Natürlich ist das eine Herausforderung, wenn man jedes Wochenende zwei Spiele hat – immer Samstag und Sonntag. Man muss sich immer auf zwei Mannschaften vorbereiten und es ist wichtig, nicht zu viel zu machen. Man probiert immer Parallelen herzustellen zwischen beiden Teams, was sie mehr oder weniger gerne machen und sich darauf zu fokussieren. Wenn man die Mannschaft mit Informationen für zwei Teams überlädt, dann wird es schwierig. Wir haben immer probiert, uns auf unsere eigenen Stärken zu konzentrieren, aber es war dennoch eine Herausforderung. Für Spieler – und auch für Trainer – gibt es aber nichts Besseres, als zu spielen. Wir haben uns deshalb immer auf die Doppelspieltage gefreut und haben das mit Blick auf die Ergebnisse in beiden Wettbewerben auch ganz gut gemeistert.
Konzentriert man sich dann eher nur auf eines von zwei Spielen oder beide und wie schwer ist es, die Mannschaft mit an Bord zu behalten?
Wir haben versucht es zu vermeiden, den Fokus mehr auf die eine als die andere Liga zu legen. Wir wollten immer von Spiel zu Spiel denken. Natürlich müssen wir Spiele vorbereiten und auch darüber sprechen, aber deshalb gab es den Ansatz der Parallelen: Spielen beide Mannschaften zum Beispiel die gleiche Pick-And-Roll Defense? Dann hat man sich eher darauf konzentriert. Wir haben aber immer vermieden, ein Spiel in den Fokus zu rücken und zu sagen, dass eine Partie wichtiger wäre als die andere.
In der NBBL als auch in der Regionalliga arbeitest du mit jungen Spielern, von denen die meisten den Schritt in den Profi-Basketball schaffen wollen. Wie begleitet man diese Spieler als Trainer am besten auf diesem Weg?
Wichtig ist, dass man den Spielern bewusst macht, dass sie ihre Erwartungen zurückschrauben müssen. Sie müssen verstehen, wie groß der Schritt aus der NBBL oder auch der Regionalliga in die BBL ist, dass es ein ganz anderes Niveau ist und dessen müssen sie sich bewusst sein. Dadurch, dass wir im Jugendbereich mit dem gleichen System spielen wie im Profibereich, verstehen sie auch mehr oder weniger, was man zu tun hat und wie man seinen Weg gehen kann. Ich versuche dabei auf verschiedene Arten, den Spielern zu helfen. Das sind Kleinigkeiten, die wichtig sind, um Spiele zu gewinnen, aber auch Dinge, die ihnen helfen, dass sie individuell den nächsten Schritt machen können. Von der Regionalliga zur BBL ist es noch einmal ein gewaltiger Schritt für die Jungs und da muss man einfach versuchen sie bestmöglich zu begleiten, für sie da sein und Schritt für Schritt die Weiterentwicklung vorantreiben.
Wie wichtig ist die Nähe zur BBL-Mannschaft, die in Ludwigsburg relativ groß ist?
Das ist extrem wichtig, vor allem wenn man den nächsten Schritt gehen will. Hier in Ludwigsburg ist es ja zum Beispiel auch so, dass John Patrick auch häufig beim Training zusieht und sich die Spiele anschaut. Wenn man dann beispielsweise in der Regionalliga ein sehr gutes Spiel hat, 20 Punkte gemacht hat und sich gut fühlt, spielt man kurz darauf im BBL-Training gegen gestandene Spieler Justin Simon, Jonah Radebaugh oder einen der anderen – und kommt dann an seine Grenzen. Es ist wichtig für die Spieler zu sehen, dass es bis dahin auch noch ein gewisser Weg für sie ist und dass man diesen direkten Vergleich hat. So sind sie sich bewusst, dass da noch ein Stück fehlt und sie bleiben hungrig und wissen, dass sie noch weiter an sich und insgesamt härter arbeiten müssen. Das hilft uns als Trainer sehr viel. Macht ein Spieler regelmäßig 20 Punkte, wird es irgendwann schwer, ihn weiter zu motivieren und zu fordern, aber wenn er von sich aus merkt, dass er bis zum Profi noch mehr aus sich herausholen muss, dann ist das wie ein Selbstläufer.
Wie schwer ist es, eine Gruppe an jungen Männern zusammenzuraufen und „unter Kontrolle“ zu bekommen?
Ich habe das Gefühl, dass das bei uns immer relativ einfach ist. Sie mögen sich untereinander sehr und wollen zusammen Erfolg haben. Wir hatten in diesem Jahr acht Spieler, die gemeinsam im Internat gewohnt haben und dementsprechend viel Zeit gemeinsam verbringen. Sie sind weg von zuhause und die Mannschaft ist ihre Familie und das betonen wir auch – weil es ungemein wichtig ist. Jeder Huddle bei uns „Family on Three“, weil dieser Familiengedanke unfassbar wichtig ist: Innerhalb einer Familie macht man Dinge füreinander und keiner kocht sein eigenes Süppchen. Alle Trainer und auch alle anderen im Verein leben das auch vor und achten darauf, allerdings suchen wir unsere Spieler deshalb auch sehr genau aus – gerade, wenn wir sie von außerhalb hierherholen. Wer bei uns in den Jugendmannschaften groß wird, der weiß auch, dass uns das wichtig ist. Wir legen Wert darauf, dass man sich füreinander auch außerhalb des Spielfeldes interessiert.
Wie du schon angesprochen hast, wohnen einige Spieler quasi in Sichtweite zur Trainingshalle gemeinsam im Internat. Inwiefern ist das auch gegenüber anderen Entwicklungsstandorten ein Vorteil, diese Gegebenheiten alle direkt hier zu haben: Eine Profimannschaft direkt vor der Nase und die Möglichkeit, die sportliche Entwicklung mit der schulischen gemeinsam zu absolvieren?
Das ist ein RIESEN Vorteil für uns und macht uns auch besonders. Jedem Spieler, der schon einmal hier war zum Tryout oder zum Training oder sogar hier gespielt hat, fällt das auf. Gestern beispielsweise hatte die BBL-Mannschaft kein Training und JP und seine Jungs sitzen an der Seite und schauen sich unser Training an. Das ist nicht normal und bei vielen anderen Standorten nicht so. Das Internat ist für uns auch ein absoluter Glücksgriff, es geht kaum besser: Die Nähe zur Halle und zur Schule – man stolpert quasi aus dem Bett ins Klassenzimmer. Der Campus und unser Konzept funktionieren sehr gut und wir können sehr stolz sein auf das, was wir dort in den letzten Jahren aufgebaut haben.
Wo liegt aus deiner Sicht der Hauptunterschied zwischen Jugend- und Profispielern, abgesehen vom sportlichen Level?
Die Jugendspieler brauchen abseits des Feldes mehr Unterstützung und mehr Führung. Das sind heranwachsende Männer, von denen viele von zuhause weg sind – ohne die Eltern. Wenn es mal Probleme gibt oder man mal einen Rat braucht, dann ist man mehr als nur der Trainer. Mir ist es auch wichtig, dass die Jungs wissen, dass sie mit allem zu mir kommen können. Sie wissen aber auch, dass sie immer ehrlich sein müssen, weil dasselbe auch von mir erwarten können. Die Jungs vertrauen mir fast alles an und ich versuche zu helfen, wo ich kann. Im Profibereich haben die Männer teilweise ihre eigenen Familien, zu denen sie nach dem Training nach Hause gehen (können). Sie fragen mich nicht, was sie machen sollen, wenn die Freundin mit ihnen Schluss gemacht hat. Ich finde es aber auch gut und richtig, meine Spieler auch außerhalb der Halle zu kennen und nicht nur ihr Trainer zu sein. Ich will für sie da sein, wenn sie Probleme haben. Das ist nicht nur mir, sondern auch allen anderen im Verein wichtig.
Du arbeitest in Dreifachfunktion als Trainer in der Organisation: Wie ist das für dich persönlich alles zu meistern?
Mit Sicherheit ist das alles sehr zeitintensiv, aber es macht unglaublich viel Spaß – mir ist regelrecht langweilig, wenn ich nicht in der Halle bin. Selbst wenn ich Freizeit habe, gehe ich mit meinem Sohn in die Halle. Ich bin es gewohnt, so lange in der Halle zu stehen und es fühlt sich für mich nicht wie Arbeit an. Ich bin sehr gerne im Training und bei meinen Spielern, auch bei der Profimannschaft. Das ist nicht wirklich wie ein Job für mich, erst Recht wenn man so erfolgreich auf allen Ebenen arbeitet – dann ist das wie ein Selbstläufer.
Wie gut funktioniert die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Einheiten?
Aus meiner Sicht sehr gut. Es ist aus meiner Sicht auch wichtig, dass ich im Bundesliga-Training dabei bin, wenn meine eigenen Jugendspieler mittrainieren. Ich bin dann auch für sie zuständig und verantwortlich. Für die Spieler selbst ist das auch wichtig, denn sie haben ein bekanntes Gesicht dort. Zu mir haben sie eine ganz andere Verbindung als zu John: Ihn sehen sie vielleicht 2-3 Mal die Woche, mich jeden Tag plus bei den Spielen und auf Auswärtsfahrt. Das führt zu einer ganz anderen Akzeptanz, wenn man mit ihnen spricht. Ein bekanntes Gesicht zu sehen gibt ihnen Vertrauen und auch Sicherheit, jemanden der sie bestärkt. Und wie bereits gesagt: Da wir die gleichen Systeme spielen, ist der Übergang zur BBL deutlich einfacher. Alles zusammen hilft uns extrem bei der Weiterentwicklung der Spieler.
Mit den sehr guten Leistungen in der Regionalliga hat man sich in dieser Saison eventuell sogar für den sportlichen Aufstieg in die Pro B qualifiziert – eine endgültige Entscheidung für die Lizenz steht noch aus. Inwiefern macht das den Standort noch einzigartiger und eine noch bessere Anlaufstelle für junge Spieler?
Zunächst muss man erst einmal sagen, dass es quasi für alle – außer vielleicht die Mannschaft selbst – total überraschend war. Am Anfang sind die meisten, auch innerhalb der Organisation, davon ausgegangen, dass wir eher gegen den Abstieg spielen – erst Recht, nachdem wir die ersten beiden Spiele direkt verloren hatten. Man muss an dieser Stelle aber sagen, dass wir mit einer blutjungen Truppe (der älteste Spieler ist Lukas Herzog und er hat lediglich 5 Spiele gespielt) den zweiten Platz erreicht haben. Die Jungs haben während der Saison wirklich Gas gegeben, das ist ihnen selbst zuzuschreiben und damit haben sie viele Leute überrascht.
Natürlich wäre es super, wenn wir den Schritt in die Pro B jetzt auch tatsächlich machen können – dennoch ist das dann natürlich noch einmal eine andere Nummer. Das wird den Verein als Ganzes auch noch einmal auf eine andere Stufe setzen, weil wir noch einmal näher am Profibereich Spieler ausbilden. Die Pro B ist bereits eine Profiliga, in der gestandene Spieler spiele, die auf einem höheren Niveau spielen, wie die in der Regionalliga. Wir sprechen von professionelleren Strukturen. Dem Verein würde es sehr gut tun, aber auch den Spielern.
Was ist – unabhhänig von Pro B oder Regionalliga – dein persönlicher Ausblick auf die Saison 2022/2023, auch im Hinblick auf die Spieler, die nun aufrücken?
Wir werden nach dieser Saison einige Leistungsträger verlieren, die in der vergangenen Saison Verantwortung übernommen haben und eine tragende Rolle innehatten. Sie werden wechseln, weil sie mittlerweile zu alt sind. Ich denke trotzdem, dass wir eine talentierter Mannschaft haben. Es wird davon abhängen, ob die jüngeren Spieler, die letztes Jahr kleinere Rollen hatten, jetzt in die neuen Rollen, die wir für sie vorgesehen haben, reinwachsen können, Verantwortung übernehmen und Führungsspieler sein können – und ob wir wieder eine so geschlossene Mannschaft sein können, wie wir es in den letzten Jahren auch waren. Davon bin ich aber überzeugt, denn die Jungs sind wie eine Familie und da gehören auch die jüngeren dazu. Gerade im 2005er Jahrgang, aber auch in der 2004er Spitze haben wir denke ich eine sehr talentierte Gruppe. Ich bin optimistisch und freue mich darauf und denke, dass wir eine gute Rolle spielen können.