Sichtbar unzufrieden mit einem gebrauchten Abend: Yorman Polas Bartolo und Josh King ärgern sich über einen unnötig schwachen Auftritt in Chemnitz. Foto: Eibner / Alexander Trienitz.
Das Spitzenspiel der easyCredit Basketball Bundesliga endet für die MHP RIESEN Ludwigsburg in Chemnitz mit einer deutlichen 66:85-Niederlage. Vor 4.806 Zuschauern sind die Schwaben lange Zeit an den Sachsen dran, erlauben sich aber insgesamt zu viele Fehler und kassieren im Schlussabschnitt zudem entscheidende 32 Gegenpunkte.
Mit drei Personal-Umstellungen im Vorfeld nahm der ‚Intensitätsgipfel‘ der easyCredit BBL bereits vorab an Fahrt und Würze auf: Jonathan Bähre rückte nach Erkältung zurück ins Team, auf der Chemnitzer Seite fehlten DeAndre Lansdowne und Ousman Krubally aufgrund eines familiären Trauerfalls und einer Verletzung. Bähre fügte sich nahtlos ein, agierte solide, das NINERS-Aufgebot fing seinerseits das Fehlen mit Bravour auf, sodass sich von Beginn an ein intensiver Schlagabtausch ohne erkennbare Vorteile entwickelte. Beide Kontrahenten versuchten fortwährend über die Verteidigung das Spiel auf die eigene Seite zu ziehen, gelingen sollte das allerdings beidseitig kaum. Die defensive Intensität sorgte dafür, dass kein Team ins Laufen kam (14:16, 10. Spielminute).
Nach der ersten Viertelpause spielten die Ludwigsburger ihren situativ vielleicht besten Basketball: Mit einem 5:0-Lauf stellten sie auf +7 (14:21) und zwangen Rodrigo Pastore am Seitenrand zu Anpassungen. Der Argentinier zog die richtigen Schlüsse: Wesley van Beck traf direkt nach der Zusatz-Ansprache und auch Kevin Yebo, der ganz generell stark aufspielte, war in der Zone nicht zu stoppen. Immer wieder erarbeiteten sich die beiden Mannschaften zweite und dritte Wurfchancen am Brett, immer wieder waren es die Hausherren, die etwas effizienter, etwas galliger und etwas konsequenter und im genau richtigen Moment zur Stelle waren. Bis zum Gang in die Kabine drehten sie das Geschehen zu ihren Gunsten und erarbeiteten sich binnen drei Minuten einen Acht-Punkte-Führung (29:28, 17. / 38:30, 20.).
Nach den langen Wegen in der Halbzeitpause – der Mannschaftstrakt befindet sich in Chemnitz in einem Nebengebäude abseits der Halle – benötigten beide Teams einige Minuten, um wieder reinzufinden. Ludwigsburg war seinerseits zuerst im Rhythmus, markierte acht Punkte in Serie (42:38) und war kurzzeitig obenauf. Allerdings: nicht in Führung. Denn diese behielten die Chemnitzer. Die MHP RIESEN konnten den Führungswechsel nicht erneut erzwingen. Deutlich zu viele Wurfchancen verfehlten das Ziel, deutlich einfache Punkte wurden liegengelassen. Immer wieder belohnten sich die Gäste nicht für ihre Mühen, immer wieder waren die Sachsen das entscheidende My (und mehr) besser. Nach drei Vierteln war die Partie weiterhin offen, Ludwigsburg aber weiterhin komplett außerhalb seines eigenen Mojos (53:46, 30.).
Doch obwohl die, Achtung Wortwitz, Messe noch nicht gelesen war und die Messe Chemnitz weiterhin massiv Stimmung machte, war im Schlussabschnitt zunächst nur das Heimteam am Drücker. Auf das vierte persönliche Foul von Desure Buie folgte das vierte Foul von Jayvon Graves und ein weiterer Bruch im Spiel. Die MHP RIESEN mühten sich nach Kräften, doch sie liefen den Sachsen zunehmend und vermehrt hinterher. Elijah Childs und Graves verkürzten nochmals (66:56, 34.), doch anstatt eines einstelligen Rückstands wurde es aufgrund eines Dominic-Lockhart-Dreiers fortan wieder eine deutlicher(er) Rückstand. Nach einigen Momenten mit gelb-schwarzen Vorteilen fand Chemnitz zurück in seine Spur, drückte der Partie wieder den Stempel auf und kontrollierte das Tempo und das Geschehen. Weiterhin waren Yebo und Kajami-Keane und jegliche NINERS-Physis von keinem Gästeakteur zu stoppen – und besiegelten, je nach Betrachtungsweise Sieg/Niederlage endgültig.
Im Anschluss an die 66:85-Niederlage beim Tabellenführer reisen die Ludwigsburger noch in der Nacht von Samstag auf Sonntag zurück nach Süddeutschland, sind im kommenden Spiel aber selbstredend erneut auswärts gefordert: Am kommenden Mittwoch (10.01.) gastieren die King-Schützlinge zum zweiten Play-In-Spiel bei Darüssafaka Istanbul. Bei einem eigenen Erfolgserlebnis wäre der vorzeitige Top-16-Einzug perfekt.
Für Chemnitz spielten: Kevin Yebo 27 Punkte / 7 Rebounds, Jeff Garrett 14 / 9, Wesley van Beck 13 / 5, Kaza Kajami-Keane 11 / 11 Assists, Taylor Ongwae 8 / 6, Jonas Richter 7, Dominic Lockhart 3, Aher Uguak 2 und Brendan Bailey.
Für Ludwigsburg spielten: Jayvon Graves 15 Punkte / 6 Assists / 5 Rebounds, Silas Melson 13, Deion Hammond 10, Desure Buie 5, Jaren Lewis 5, Yorman Polas Bartolo 5, Eddy Edigin 4 / 6, Elijah Childs 4 / 7, Jacob Patrick 3 und Jonathan Bähre 2.
Josh King | Headcoach MHP RIESEN Ludwigsburg | "Zuerst einmal möchte ich DeAndre Lansdowne und seiner Familie kondolieren. Dass ein Spieler aufgrund einer solchen Tragödie fehlt, möchte niemand. […] Glückwunsch an Rodrigo [Pastore] und Chemnitz, ein hochverdienter Sieg! Über drei Viertel hinweg war das heute ein Kampf zwischen zwei Männern [lies: Teams], die wütend aufeinander werden. Das war hart, das war hässlich. Im vierten Viertel war dann die Chemnitzer Physis entscheidend. Wir wussten, dass uns diese Physis erwartet, bevor das Spiel begonnen hat, im Schlussabschnitt konnten wir diese aber nicht stoppen. Das ist nicht Ludwigsburg-Basketball! Wir müssen besser sein und ich möchte heute auch keine Entschuldigungen suchen. Aber, wenn Du nach dem Spiel einen Statistikbogen in der Hand hältst, auf dem steht, dass Du nur 30% deiner Würfe aus dem Feld [22/73] triffst, gibt es eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass Du das Spiel verlierst. […] Aber wie gesagt: Wir möchten keine Entschuldigungen suchen – Glückwunsch an Chemnitz. Wir müssen prinzipiell daraus lernen und uns ab sofort auf das Champions-League-Spiel in Istanbul konzentrieren." |
Rodrigo Pastore | Headcoach NINERS Chemnitz | "Wir sind aktuell an Notfallsituationen gewohnt: In 90% unserer Spiele waren wir bisher nicht komplett, vielleicht waren wir es sogar nur im Berlin-Spiel […] DeAndre Lansdowne war vor Tip-Off mit dem Team in Kontakt, er gibt uns großartiges Leadership, geht voran. Wir haben heute gegen ein sehr, sehr gutes Team gewonnen. Ich schaue viele und gerne Ludwigsburg Spiele, habe das aber selten so wie heute gesehen: Was Ludwigsburg offensiv macht, ist beeindruckend. Sie haben heute sehr viele Würfe verworfen, wir aber auch. Aber: Wir konnten mehr Schaden bei ihnen anrichten [als umgekehrt]. Dennoch haben wir am offensiven Brett einen guten Job gemacht, die Halbfeld-Offensive gut umgesetzt, sind in die Zone und an die Freiwurflinie gekommen. Das war ein sehr gutes Spiel von uns, auch wenn wir im ersten und dritten Viertel nicht gut waren. Wir sind allerdings dran geblieben und haben das Spiel im vierten Viertel auf unsere Seite gezogen. Zudem ist Kaza [Kajami-Keane] heute super gewesen. Er hat zwar nicht gut geworfen, war aber ein großartiger Anführer, hat für alle kreiert. Ein sehr guter Sieg gegen ein sehr gut gecoachtes Team." |