#ungehindertRIESIG – Sascha Wössner

Category News, Teamplay Date 2022-12-20

Wer könnte das Inklusionsprojekt #ungehindertRIESIG besser verkörpern, als unser RIESEN-Fan Sascha. Als begeisterter Dauerkarteninhaber verfolgt er seit über sechs Jahren regelmäßig die Heimspiele in der MHPArena und begleitet uns auch auf zahlreichen Auswärtsfahrten. Hiervon halten ihn auch seine 92% Sehbehinderung, das Corona-Virus oder die noch fehlende Blindenreportage an Heimspielen nicht ab. Lieber Sascha, wir danken dir für deine Treue und Unterstützung. Du bist eine große Inspiration für uns und #ungehindertRIESIG. Wir freuen uns, dir bereits an unserem Inklusionsspieltag am 05.03.2023 gegen MLP Academics Heidelberg das erste Headset für die Blindenreportage geben zu können.

RIESEN: Du warst selbst nie in einer speziellen Behindertenschule, sondern hast deine komplette Schul- und Hochschullaufbahn in regulären Institutionen durchlaufen. Du sagst dies war oft sehr anstrengend, hat dich aber auch als Kämpfernatur geprägt. Würdest du, statt Sonderpädagogischen Einrichtungen zu optimieren, eher den Fokus auf gelungene Inklusion in regulären Bildungseinrichtungen legen?

Sascha: Ich würde bei diesem Thema grundsätzlich kein „Entweder – oder“, sondern ein „Sowohl als auch“ sehen. Wir tun gut daran, in beides zu investieren, da beide Wege ihre ganz eigenen Vorzüge haben. Für mich persönlich war es wichtig, keinen permanenten Sonderstatus zu haben, sondern zu spüren: Du kannst zwar nicht gut sehen, aber sonst bist du ein ganz normaler Mensch wie andere auch. Deswegen war der beschriebene Weg für mich der beste, auch wenn es sicher nicht der einfachste war. Dadurch hat sich bei mir ein großer Kampfgeist entwickelt, der mir in den Herausforderungen des Lebens hilft. Zudem glaube ich, dass mein Weg für die Gesellschaft auch sehr gut ist. Wir lernen dadurch, mit unserer Vielfalt und der Einzigartigkeit jedes Menschen umzugehen und dies wertzuschätzen. Das ist glaube ich sehr gesund. Daher freue ich mich unglaublich über unsere Kampagne „Ungehindert RIESIG“, die dazu einen enorm wertvollen Beitrag leisten kann.

RIESEN: Du hast auf deinem rechten Auge ein Restsehvermögen von 8% und bist auf dem Linken blind. Neben den MHP RIESEN bist du auch großer Fan des VfB Stuttgart, wie ist es dort im Stadion?

Sascha: Ich sage es immer wieder: Schlecht sehen muss nicht unbedingt ein Nachteil sein. Das gilt in letzter Zeit leider auch für viele Spiele des VfB Stuttgart. Doch auch wenn ich die Spiele nicht gut sehen kann, bekomme ich mit, dass es alles andere als gut ist. Bei den Heimspielen bekommen wir sehbehinderten Menschen einen speziellen Kommentar auf die Ohren, der Bilder des Spiels vor unserem geistigen Auge entstehen lässt. Das sind aktuell keine schönen Bilder. Umso mehr schätze ich wert, was hier bei unseren MHP RIESEN Ludwigsburg geleistet wird. Mit überschaubaren Mitteln mischen wir in der Spitzengruppe der Liga mit und das nun schon über ein paar Jahre. Das macht enorm viel Spaß und nötigt mir großen Respekt ab.

RIESEN: Noch während der Schullaufbahn hast du dein Interesse an der Theologie entdeckt. Dieses Interesse hat sich, während eines FSJ in eine Leidenschaft entwickelt, woraufhin du ein Theologiestudium als Jahrgangsbester absolviert hast und nun mittlerweile als Pastor arbeitest. Siehst du deinen persönlichen Lebensweg als Inspirationsbeispiel dafür, was alles mit Willen und Leidenschaft möglich ist?

Sascha: Ich tue mich schwer, mich und meinen Lebensweg als Vorbild darzustellen, dem andere Menschen folgen sollten. Ich kenne auch meine Schwächen und die Momente, in denen ich weder kämpferisch noch willensstark war. Da macht es mich zutiefst dankbar und demütig, dass andere Menschen mir die Rückmeldung geben, ich sei eine große Inspiration für sie. Ich bin mir sicher, dass die Kraft, um eine solche Inspiration zu sein, nicht aus mir selbst kommt, sondern etwas mit dem Glauben an Gott zu tun hat, der hier bereits angesprochen wurde. Das ist die zentrale Kraftquelle meines Lebens und mir ist es ein Anliegen, auch andere Menschen dazu einzuladen, diese Quelle anzuzapfen.

RIESEN: Eine etwas kontrovers formulierte Frage: Hast du dich in die Religion gerettet oder hat die Religion dich gerettet?

Sascha: Ich hatte nie vor, mich in die Religion zu retten. Von Haus aus hatte ich keinerlei Berührungspunkte damit. Den Konfirmandenunterricht in der evangelischen Kirche habe ich anfangs nur gemacht, weil ich am Ende beim großen Fest viel Geld kassieren wollte. Doch in diesem Unterricht hat mich das, was ich dort gehört habe, komplett gepackt und verändert. Ich war damals ein total introvertierter und schüchterner Mensch, der sich nicht viel zugetraut hat und zugleich von Mitschülern gemobbt wurde. Nun hörte ich von einem Gott, der mich so liebt, wie ich bin, der in Jesus Mensch wurde und sein Leben für mich gegeben hat. Zudem habe ich in dieser Kirchengemeinde zum ersten Mal Menschen in meinem Alter getroffen, die mir das Gefühl gegeben haben, wichtig und wertvoll zu sein. Das hat das, was sie über Gott erzählt haben, glaubwürdig unterstrichen. Ich habe mich deshalb entschieden, selbst an diesen Gott zu glauben und so wurde aus einem schüchternen und ängstlichen Kerl ein Mann, der sich geliebt weiß und Woche für Woche vor Menschen auf Bühnen steht, um ihnen diese Liebe in ihr Leben zu sprechen. Ich würde sagen: Nicht ich habe mich in die Religion gerettet, sondern der Gott, an den ich glaube, hat mich zutiefst verändert.

RIESEN: Nehmen wir an, du hast die Möglichkeit in einem Spot zur Primetime im Fernsehen eine Botschaft, oder völlig egal was, an alle Zuschauer zu richten. Was würdest du gerne sagen?

Sascha: Jeder Mensch auf diesem Planeten ist ein absolut einzigartiges, unendlich wertvolles und durch und durch geliebtes Geschöpf. Jeder Mensch ist ungehindert riesig. Was würde es in unserem privaten Umfeld, in unserer Stadt, in unserem Land und in unserer Welt für einen riesigen Unterschied machen, wenn wir alle diese Überzeugung verinnerlichen und einander in diesem Bewusstsein begegnen?! Sei du selbst diese Veränderung, die du dir hoffentlich für unsere Welt wünschst!

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